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Universität gegen BMVg getauscht – Ein Praktikumsbericht

Dieser Beitrag wurde uns von Frau Fähnrich M. May zur Verfügung gestellt.
Frau Fähnrich May begann ihren militärischen Werdegang mit Eintritt in die Bundeswehr im Juli 2020 bei der 4./PzPiBtl 803 in Havelberg.
Nach der Grundausbildung erfolgte die SGA bei der 3./PzPiBtl 803 ebenfalls in Havelberg. Daran anschließend der Fahnenjunkerlehrgang an der Pionierschule in Ingolstadt in der I.Inspektion.
Von 04/2021 bis 09/2021 Truppenpraktikum bei 3./PzPiBtl 803, wiederum in Havelberg.
Seit Oktober 2021 studiert Frau Fähnrich May Politikwissenschaften an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg.

Das Praktikum

In meiner studienfreien Zeit habe ich ein freiwilliges Praktikum im Verteidigungsministerium im Referat Politik I 3 (NATO) absolviert. Meine Aufgabenbereiche umfassten vor allem die Zuarbeit für die Referenten zu aktuellen Themen, als auch die Bearbeitung eigener Aufträge (z. B. Mitarbeit an parlamentarischen Anfragen).

Durch das Praktikum habe ich einen Einblick in die vielseitige Arbeit im BMVg erhalten und kann nun übergeordnete Zusammenhänge besser einordnen und verstehen. Die Dauer des Praktikums war mit 8 Wochen am unteren Rand angesetzt, sodass es zunächst galt, die Arbeit und Funktionsweise des Ministeriums zu durchschauen und den Weg durch den Dschungel der NATO Abkürzungen zu finden.

Obwohl die Dienstgrade der Referenten deutlich von meinem abwichen, wurde ich sehr gut aufgenommen und die Kameraden nahmen sich die Zeit, mir Fragen zu beantworten, ihr Fachgebiet vorzustellen und ihren persönlichen Werdegang zu besprechen. All diese Punkte empfinde ich für mich als angehenden Offizier als wichtige Informationen, um einen Eindruck vom Berufsbild des Stabsoffiziers zu erhalten.

Foto: M. May

Die Aufgaben des Referates Politik I 3

Innerhalb des Verteidigungsministeriums sind die vielfältigen Aufgaben zwischen Berlin und Bonn aufgeteilt. In Berlin befindet sich unter anderem die Abteilung Politik mit insgesamt 12 Referaten. Das Referat Politik I 3 kümmert sich dabei um NATO Angelegenheiten. Es hält dabei engen Kontakt zur Ständigen Vertretung Deutschlands und zur Deutschen Militärischen Vertretung bei der NATO in Brüssel, erarbeitet Konzepte und bearbeitet verschiedene aktuelle und regelmäßige Themen, z. B. NATO-Einsätze. Unter anderem ist das Referat im BMVg auch für die Vorbereitung der NATO Gipfel bzw. Treffen zuständig und war auch in diesem Jahr an bilateralen Vorhaben zur Erweiterung der „Framework-Nation“, der einsatzgleichen Verpflichtung enhanced Forward Presence (eFP), für Litauen beteiligt.

Der NATO Gipfel von Madrid 2022

Im Rahmen des NATO Gipfels 2022 in Madrid haben die NATO Mitgliedsstaaten beschlossen, die NATO neu auszurichten. Schon vor Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine am 24. Februar 2022, die die europäische Sicherheitsordnung in ihren Grundfesten erschüttert hat, war das letzte Strategische Konzept der NATO aus 2010, dass noch eine strategische Partnerschaft mit Russland anstrebte, überholt. Die Antwort der Allianz auf die illegale Annexion der Krim und Besetzung von Teilen der Ostukraine durch Russland in 2014 führte bereits in den letzten Jahren zu militärischen Anpassungen der Strategie (z. B. eFP in Litauen). Wichtige Beschlüsse des NATO Gipfels in Madrid im Juni 2022 waren neben einem neuen Strategischen Konzept, mit der Fokussierung auf die Kernaufgaben:

Abschreckung & Verteidigung, Krisenprävention & -management, kooperative Sicherheit,

das NATO Force Model 2025, das den Alliierten die Möglichkeit gibt, ihre Kräfte regional zuzuordnen. Dies hat auch die Voraussetzungen für eine engere Zusammenarbeit mit Litauen geschaffen.

Deutsche Brigade für Litauen – Deutschlands enge Zusammenarbeit mit Litauen
als Vorbild für andere Partner

Durch den russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 konzentriert sich die Rolle der Bundeswehr in Gesellschaft und Politik noch stärker auf Landes- und Bündnisverteidigung. Im Zuge dessen ist die Übernahme von NATO Verpflichtungen zunehmend in den Fokus gerückt und Deutschland hat im Zuge des NATO-Gipfels in Madrid, gemeinsam mit Litauen, ein Kommuniqué zur weiteren verstärkten militärischen Zusammenarbeit vorgelegt. Mit dem Konzept der „Rahmennation“ (engl. „Framework-Nation“) leistet Deutschland bereits einen sichtbaren Beitrag zum Schutz der NATO-Ostflanke. Zusätzlich zu den seit 2017 in Litauen stationierten eFP BG (enhanced Forward Presence Battle Group), wird die Bundeswehr in Zukunft zusätzlich eine Kampftruppenbrigade (regulär ca. 4.500 Soldaten), im Rahmen der eVA (enhanced Vigilant Activities) Maßnahmen an der NATO Ostflanke exklusiv für die Verteidigung unserer


Lithuanian Host Nation Support Proposal
Quelle: LTU Verteidigungsministerium

litauischen Partner zur Verfügung stellen. Möglich ist, die Brigade durch Kräfte aus NATO Partnernationen zu verstärken, der Kern wird aber stets durch deutsche Kräfte gebildet. Litauen hat zugesagt, den notwendigen Host Nation Support zur Verfügung zu stellen, um über 5.000 Soldaten für gemeinsame Übungs- uns Ausbildungsmaßnahmen unterzubringen und moderne Übungsplätze im gesamten Land zu errichten.

Im Zuge dieser Entscheidungen wurde zunächst im September 2022 das „Forward Command Element“ (FCE, ein vorgeschobener Brigadegefechtsstand) dauerhaft nach Litauen entsandt. Aufgabe des FCE ist u.a. die Planung und Koordination von Übungen und Ausbildung, die taktische Planung mit litauischen Kräften und die Planung und Koordination von Verlegungen der deutschen Brigade. Geplant ist, dass diese Brigade regelmäßig dorthin verlegt wird, um mit litauischen Streitkräften zu üben. Durch diese Zusammenarbeit sollen zudem die Interoperabilität und Einsatzfähigkeit auf beiden Seiten erhöht werden.

Mit dem Konzept der Rahmennation und den eVA übernimmt Deutschland weiterhin Verantwortung und eine Vorbildrolle, die die Erwartungen, die auch durch das Sondervermögen an uns gestellt werden, erfüllen kann. Auch die anderen baltischen Staaten (Lettland und Estland) konnten mit Großbritannien und Kanada Partner finden, die ähnliche Konzepte verfolgen.

Insgesamt hat sich das Engagement Deutschlands innerhalb der NATO nochmals deutlich erhöht. Mit der Übernahme von weiterer Verantwortung in Litauen, gepaart mit den angekündigten Investitionen zur Modernisierung der Bundeswehr positioniert sich Deutschland als zuverlässiger Alliierter. Im Laufe der nächsten Jahre wird der deutsche Beitrag zur Abschreckung und Verteidigung des östlichen Bündnisgebiets insbesondere an dem Engagement in Litauen gemessen werden.

Fähnrich M. May

Quellen:
Text & Bild: Fähnrich M.May