Ingolstadt, November 2022
Die Mitgliederversammlung unseres Bundes fand am 03. und 04. November 2022 in Ingolstadt statt. Dabei wurde das Format aus dem Jahr 2021 mit einem Vortragsteil am Nachmittag des ersten Tages, dem Totengedenken und dem anschließenden Kameradschaftsabend am Abend und der eigentlichen Mitgliederversammlung am Vormittag des zweiten Tages erneut aufgenommen.
Für den Vortragsteil am Donnerstag, dem 1. Forum Sicherheit und Verteidigung des BDPi e.V., konnten drei hochrangige Pioniere gewonnen werden. Generalmajor Jörg See, Deputy Assistent Secretary General im internationalen Stab der NATO, Generalmajor Harald Gante, Chef des Stabes Kommando Heer und Oberst i.G. Christian Friedl, Leiter Zentralreferat in der Abteilung Strategie und Einsatz des Ministeriums. Die Aula der Pionierschule war mit ca. 50 Angehörigen des BDPi und ca. 70 Soldatinnen und Soldaten aus Stamm und Bereich Lehre/Ausbildung sowie einigen Soldaten aus der Truppe gut gefüllt. Damit konnte eine Win-Win Situation geschaffen werden: die aktuelle Information unserer Mitglieder und von Reservisten unserer Truppengattung und gleichzeitig die Gelegenheit für die sicherheitspolitische Weiterbildung der aktiven Kameraden. Dies wollen wir in den Folgejahren so beibehalten.
Zunächst berichtete GenMaj See zum neuen Strategischen Konzept der NATO. Aber nicht nur. In einem breiten Strauß zeigte er die politischen Herausforderungen in der Erarbeitung des Konzepts auf und verdeutlichte dem Forum viele Zusammenhänge, die oft so nicht bekannt sind. Aufbauend auf einem Kernsatz des Konzepts in dessen Nummer 6, „The Euro-Atlantic Area is not at peace“, zeigte See auf, welchen Wechsel im Mindset die Allianz seit dem letzten Strategischen Konzept von 2010 vollzogen hat. Er führte aus, dass wir in der NATO wieder schneller als jeder denkt zu wahrer Reaktionsfähigkeit kommen werden und es sehr detaillierte Pläne für die unterschiedlichen Regionen geben werde. Die NATO erhöhe nicht die Anzahl der Kräfte, aber die Anforderungen an diese. Anpassungen der NATO-Kommandostruktur seien ebenso notwendig, wie eine feste Zuordnung von Kräften, und nicht wie bisher eine Kräftegenerierung für jeden Einsatz. See verdeutlichte auch, dass für die Erreichung der gesteckten Ziele weniger als 2% des BIP für Verteidigungsausgaben künftig nicht reichen werden. Deutschland sei nach wie vor als starker und verlässlicher Bündnispartner angesehen, werde aber an seinen Taten gemessen werden. Den anwesenden aktiven Soldaten kündigte er an, dass sie sich eher früher als später in Übungen und Verlegungen befinden werden, wie sie diese aus ihrer bisherigen Dienstzeit im Rahmen der Vorbereitung von Kriseneinsätzen nicht kennen.
GenMaj Gante führte in seinem Vortrag aus, dass die Befähigung zur Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) durch die Gestellung von Kontingenten für Einsätze im Internationalen Krisenmanagement (IKM) fast gänzlich weggebrochen war. Er stellte einige Veränderungen, die im Denken erfolgen müssen, anhand einiger Begriffe plakativ dar: Kontingent vs. Kohäsion, Präsenz vs. Siegfähigkeit, Stationärer Einsatz vs. Operative Mobilität, um nur drei davon zu nennen. Das Heer werde in den nächsten drei Jahren mehrere herausfordernde Aufträge gleichzeitig bewältigen müssen:
– Fähigkeit zur Evakuierung deutscher Staatsbürger,
– IKM mit Schwerpunkt in Mali,
– Gestellung der EU-Battlegroup 2025,
– Einsatz im Baltikum so, dass nach 10 Tagen eine vollständige Brigade im Raum verfügbar ist,
– Gestellung der VJTF-Brigade über 2023 hinaus,
– Aufbau einer Division, die in 10 – 30 Tagen in einem Einsatzraum verfügbar ist,
– Bildung eines luftbeweglichen InfGefVbd – quasi als Teil einer neuen „AMF“ – bis 2026, der innerhalb von 10 Tagen im Einsatzraum verfügbar ist und
– Aufbau einer zweiten Division, die spätestens nach 180 Tagen verlegt ist.
Mit den drei Säulen Materielle Einsatzbereitschaft, Strukturelle Anpassung und Personal, einschl. Ausbildung, soll das Heer kriegstüchtig werden. Die Nutzung der Heeresanteile des Sondervermögens werde wesentlich zu einer sehr raschen Verbesserung der Fähigkeiten in Führung und Digitalisierung führen. Beim Personal müsse das Heer wieder vom Kopf auf die Füße gestellt werden, was – auch gegen mögliche Widerstände – erfolgen werde. Die Lage sei insgesamt schwierig, aber das Glas fülle sich langsam und stetig. Es werde hart, aber es werde gemacht.
Im dritten Vortrag des Nachmittags stellte O i.G. Friedl zunächst die Abteilung S/E des Ministeriums kurz vor. Er wies deutlich darauf hin, dass die gleichzeitige Durchhaltefähigkeit für IKM, die nicht einfach verschwinden werden, und LV/BV eine große Herausforderung werde. Danach betrachtete er die aktuellen Einsätze, wobei er betonte, dass im SAHEL ein europäisches und deutsches Engagement verstärkt NIGER im Fokus habe. Er zeigte auf, wie die verschiedenen Einsätze evaluiert werden und informierte zum Untersuchungsausschuss Afghanistan und zur Enquete Kommission, die den Einsatz aufzuarbeiten hat.
An die Vorträge, denen auch der Vorsitzende Süddeutschland des DBwV, SF a.D. Stärk beiwohnte, schloss sich eine einstündige, in jeder Beziehung interessante Diskussionsrunde mit allen Vortragenden an, die abgebrochen werden musste, um zeitgerecht zum Ehrenmal unserer Truppengattung an die Donau zu verlegen.
Die Totenehrung fand bei Fackelschein wieder in einer eindrucksvollen Form statt. Der ev. Militärpfarrer Ingolstadt, Wolf E. Miethke, gestaltete den geistlichen Anteil, OSF Markus Lischka sang zur Gitarre, BG a.D. Franz Pfrengle und BG Uwe Becker hielten kurze Ansprachen. Die Fahne der Pionierkameradschaft Ingolstadt war, wie immer angetreten und ein Trompeter spielte das Lied vom Guten Kameraden. Eine besonders feierliche Note bekam die Gedenkfeier durch den im Großen Dienstanzug angetretenen Ehrenzug der Pionierschule. Dafür und für die gesamte Unterstützung gebührt der Pionierschule unser aller Dank.
Beim anschließenden gut besuchten Kameradschaftsabend im Restaurant am Auwaldsee konnten, neben der Kameradschaftspflege, Diskussionen aus dem Forum fortgeführt werden.
Die Mitgliederversammlung am Freitag, 04.11.2022, war von Routinethemen gekennzeichnet. Einzelheiten bitte ich dem Protokoll zu entnehmen. Der neue AbtLtr IV im AHEntwg, Oberst Wiegel, stellte sich den Mitgliedern vor und berichtete über neueste Entwicklungen in Bezug auf unsere Truppengattung. Es wurde beschlossen, in künftige MV eine solche Information grundsätzlich zu integrieren.
Franz Pfrengle, BG a.D., Präsident BDPi e.V.
Text: Franz Pfrengle
Bilder: Julia Fritz, PiS u. BDPi