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Luftlandepionierkompanie 260

„80 Jahre D-Day” – Von Feinden zu Brüdern

Am 06. Juni 1944 führten die Alliierten im Rahmen der Operation „OVERLORD“ die größte kombinierte Luftlande-/ und amphibische Angriffsoperation der Militärgeschichte durch. Ziel war es, eine zweite Front gegen das nationalsozialistische Deutsche Reich zu eröffnen und damit den seit 1939 tobenden Zweiten Weltkrieg zu beenden. Um die Flanken der Landungsstrände, wichtige Verkehrsknotenpunkte und Flussübergänge zu sichern, wurden am frühen Morgen des 06. Juni 1944 ca. 13.000 Alliierte Fallschirmjäger über der Normandie abgesetzt.

Anlässlich des 80. Jahrestages der Landung in der Normandie und der Befreiung Europas war die Luftlandebrigade 1 eingeladen, an den Feierlichkeiten und Gedenkveranstaltungen im Raum Sainte-Mère-Église teilzunehmen. Den abschließenden Höhepunkt der Feierlichkeiten sollte der internationale Fallschirmsprungdienst bilden.
Unter der Führung des Zugführers des LLPiMaschZg, HptFw Pfennig, verlegte eine verstärkte Pioniergruppe mit dem Vorkommando der St/FmKp LLBrig 1 nach Picauville, einer beschaulichen Ortschaft in der Normandie, mit dem Auftrag dort das „Feldlager“ für die deutschen Kräfte zu errichten. Als eingespieltes Team wurde innerhalb kürzester Zeit das Lager errichtet, und wieder einmal eindrucksvoll unter Beweis gestellt, wozu Pioniere fähig sind.
Nach dem Eintreffen der Hauptkräfte, zusammengesetzt aus Soldaten der Fallschirmjägerregimenter 26 und 31, der Luftlandeaufklärungskompanie 310 und weiteren Luftlandepionieren unserer Kompanie ging es dann für die Soldatinnen und Soldaten zu den ersten Veranstaltungen.
Auf der Fahrt zu den jeweiligen Veranstaltungen gab es auf den Straßen und an den Wegesrändern einiges zu sehen. Vom „Jeep“ über „Halftracks“ bis zum „Sherman Firefly“ bemannt von geschichtsinteressierten Hobbyisten in authentischen Uniformen, die ihre Lager auf den Wiesen und Weiden aufgeschlagen hatten.
Während stets ein Teil der Soldatinnen und Soldaten im Wechsel an Gedenkveranstaltungen, Kranzniederlegungen und Antreten teilnahm, nutzten die übrigen Kräfte die Zeit für militärhistorische Weiterbildungen. An den Landungsstränden OMAHA und UTAH Beach und der bekannten Steilküste des Pointe-du-Hoc konnten sich die Luftlandepioniere einen Eindruck über die Herausforderungen einer amphibischen Landungsoperation an einem befestigten und verteidigten Strandabschnitt verschaffen.
Ein besonderes Augenmerk galt den Befestigungsanlagen, MG-Ständen und den verwendeten Sperren wie beispielsweise den belgischen Toren, spanischen Reitern, Minensperren u.Ä. Diese Sperren vermochten es jedoch nicht den anlandenden Alliierten standzuhalten, auch wenn sie unzählige Opfer forderten. An die Gefallenen der 5th US Army Engineer Special Brigade erinnert ein Denkmal am OMAHA BEACH während am UTAH BEACH den Kameraden der 1st US Army Engineer Special Brigade gedacht wird. Diese Mahnmale erinnern an den hohen Blutzoll, den die Pioniere der ersten Stunde dort zahlen mussten, um es ihren Kameraden zu ermöglichen die Verteidigungslinien zu durchbrechen und das Tor nach Europa öffneten.

Den deutschen Gefallenen wurde unter anderem auf den deutschen Soldatenfriedhöfen Orglandes, La Cambe und Mont de Huisnes in einem würdevollen Rahmen durch das Antreten einer Ehrenformation und Kranzniederlegungen gedacht.
Ein Besuch des Museums „D-Day Experience“ in der Nähe von Carentan fokussierte sich auf den Aspekt der Luftlandeoperationen, inklusive eines holografischen Missionbriefings, dem simulierten 4-D „Flug“ in einer C-47, einem 3-D Film über die Operation OVERLORD und dem Besuch der Dead Mens Corner, an welcher sich zeitweise der Gefechtsstand des 6./Fallschirmjägerregiments unter dem bekannten Kommandeur Major von der Heydte befand. Nach dem Besuch des Museums und dem Eindecken mit Souvenirs konnten die Soldatinnen und Soldaten, während der Einnahme der Verpflegung dem Fallschirmsprung von Reenactors aus drei C-47 Skytrain zuschauen. Dies bildete einen passenden Abschluss für diesen Tag.
Einen besonderen Eindruck hinterließ die herzliche Gastfreundschaft der zivilen Bevölkerung, mit der wir Deutschen in Picauville aufgenommen wurden und welche den Pionieren überall in der Normandie entgegenbracht wurde. Bei dem traditionellen „Repas en Famille“ (dt.: Familienessen), wurden deutsche Soldatinnen und Soldaten gemeinsam mit Amerikanern zum feuchtfröhlichen Abendessen bei französischen Familien eingeladen um gemeinsam das 80. Jubiläum der Befreiung Europas zu feiern.
Die Kameradschaft, die unzähligen freundschaftlichen Gespräche und der Erfahrungsaustausch zwischen den Pionieren und den Kameradinnen und Kameraden der anderen teilnehmenden Nationen werden sicherlich in guter Erinnerung bleiben.
Woran sich wohl auch jeder erinnern wird, war der internationale Fallschirmsprungdienst, welcher am Sonntag, den 09.06.24 stattfand. Am Vortag fand wie üblich die Maschineneinteilung, die gründliche sprungvorbereitende Ausbildung und die Einweisung in die Fallschirme der alliierten Nationen statt. Das Fallschirmspringen mit der Ausrüstung verbündeter Nationen ist immer spannend und bietet die Möglichkeit, die begehrten ausländischen Fallschirmspringerabzeichen zu erwerben.
Am nächsten Morgen wurde um 0300 geweckt und die Fallschirmspringer verlegten zunächst zum Flugfeld nach Cherbourg. Nach dem Anlegen und Überprüfen der Fallschirme wurden die Maschinen bestiegen und Richtung England gestartet.
Am Kopplungspunkt über dem Ärmelkanal wurde sich mit den britischen Maschinen vereint, die Formation eingenommen um dann gemeinsam Richtung Frankreich zu fliegen. Die Formation, bestehend aus fünf A400m und 15 Herkules C-130 der Amerikaner, Kanadier, Belgier, Niederländer, Deutschen, Briten und Franzosen setzte nach ca. 3 Stunden Flugzeit die ersten Fallschirmspringer über der Dropzone IRON MIKE ab.
Aus den 20 Flugzeugen wurden ca. 1500 Soldaten unter den Blicken von tausenden gespannten Zuschauern abgesetzt. Zu diesen gehörte auch die neue Kompaniechefin unserer Einheit, Frau Hauptmann Mergens, welche die Luftlandepionierkompanie 260 im April 2024 von Herrn Major Bleibaum übernommen hatte, und in der Normandie ihren ersten Sprung mit der Kompanie absolvierte.
Nach der Landung und dem Bergen des Schirms ging es vorbei an den klatschenden und jubelnden Zuschauern zum Sammelpunkt. Natürlich nicht ohne einige Patches und Souvenirs an die Kinder zu verteilen. Nach der Vollzähligkeit der Fallschirmspringer wurden die soeben verdienten ausländischen Fallschirmspringerabzeichen verliehen.
Das abschließende Highlight bildete der gemeinsame Marsch der Fallschirmjäger durch „Sainte-Mère-Église“. Angeführt von den Veteranen des 2. Weltkrieges marschierten wir Seite an Seite mit unseren Verbündeten in Formation, bejubelt von der dicht gedrängten Bevölkerung zum Marktplatz des Städtchens. Gefolgt von einer Kolonne historische Kampffahrzeuge, war dies ein beindruckendes Schauspiel. Nach einer Ansprache des Bürgermeisters und den Kommandeuren der Verbündeten, schloss Brigadegeneral Steinhaus, Kommandeur der LLBrig 1, die Veranstaltung mit den Worten
„United we stand, as a Band of Brothers! “ ab.

Text: J. Birk, S6Fw LLPiKp 260
Bilder: LLPiKp260